Wilhelmshavener Erstaufführung

....UN BAVEN WAHNEN ENGEL

Lustspiel in drei Akten von Jens Exler

Inszenierung: Rudolf Sang
Bühnenbild: Hannes Kaebe

Inspizientin: Bertha Herpel
Souffleuse: Gisela Schmidt
Beleuchtung: Theo Pottbacker

Rollen und Darsteller
Helene Engel - Annemarie Beermann
Elvira Engel - Hildegard Steffens
Klaus, ihr Neffe - Kurt Röthel
Herr Schlüter, ein Nachbar - Heino Aden
Karen, seine Tochter - Agda Tauscher
Alma Fritsche, eine Nachbarin - Erika Kaebe
Herr Babbel, Hauswirt - Enno Buß

Elvira (Hildegard Steffens) geht´s nicht gut. Am Krankenbett v. l. Karen (Agda Tauscher), Schlüter (Heino Aden),  Babbel (Enno Buß) und Helene (Annemarie Beermann)  - eine Szene aus "...un baven wohnen Engel" - Spielzeit 1966/67 -

WILHELMSHAVENER ZEITUNG

Wenn schrullige Schwestern Geister spielen

Niederdeutsche Bühne servierte mit "..un baven wahnen Engel" vierte Premiere

von Gustav Remmling

Wenn auch das niederdeutsche Lustspiel "Un baven wohnen Engel", von Jens Exler literarisch kaum das Niveau eines derben Schwankes überschritt und in der Charakterisierung der einzelnen Typen zu stark aufgesetzte Lichter zeigte, so gab gerade dies den Laienspielern der Niederdeutschen Bühne im Stadttheater Wilhelmshaven die Möglichkeit, in ihren Rollen ganz groß herauszukommen. Unter diesem Gesichtswinkel hatte Rudolf Sang das Stück inszeniert und ihm einen rasanten Ablauf und Schwung zuteil werden lassen, dem das fast ausverkaufte Haus im begeisternden Mitgehen unter dröhnenden Lachsalven nur zu gern folgte.

Autor Jens Exler weiß um das Geheimnis eines bühnenwirksamen Aufbaues, wenn er mit sicherem Gespür menschliche Schwächen zum Ausgangspunkt eines Dreiakters macht und es dabei fertig bringt, in dem so gefürchteten dritten Akt mit netten Einfällen urwüchsige Situationskomik noch eine bedeutsame Steugerung zu bringen. An der Niederdeutschen Bühne herrscht ein in jahrzehntelanger Pflege gefestigter Ensemblegeist, der gerade in diesem Tratschstück nachbarlicher Unduldsamkeit wieder einmal beispielhaft zum Tragen kam.

Annemarie Beermann und Hildegard Steffens als Helene und Elvira Engel, gaben ein Konterfei von zwei ungleichen, schrulligen Schwestern, die einen Komplex geistiger Vereinsamung auf ihre Nachbarn abreagieren mußten. So quälten sie insbesondere die vielköpfige Familie Schlüter, der sie die größere und bessere Wohnung nicht gönnten. Das Spiel der beiden Darstellerinnen war mimisch wie darstellerisch bis ins letzte Detail ausgefeilt: Annemarie Beermann herrschsüchtig, rechthaberisch, ja bösartig, Hilde Steffens als Jüngere stets von der Schwester unterdrückte Kreatur, von ängstlicher, wenn auch aus tiefster Seele sich dagegen auflehnender Unterordnung unter die Knute der älteren.

Wo kommen nur diese Geräusche her?, Babbel (Heino Adn) ist ebenso sprachlos wie Elvira (Hildegard Steffens) - eine köstliche Szene aus ".. un baven wohnen Engel" - Spielzeit 1966/67 -

Als sie aber ihren ,lieben` Neffen unter Vorspiegeluung verwandtschaftlicher Gefühle für ihre Zwecke dienstbar machen wollten, hatte dieser die Situation sehr bald erkannt und spielte den Tanten auf seine Art auf. Kurt Röthel, am Nachmittag der Premiere doch stockheiser und sprechunfähig, hatte sich in echter Hingabe an seine Bühne durch ärztliche Kunst für den Abend spielfähig machen lassen und stand seine Rolle als Neffe Klaus mit eisener Selbstdisziplin glänzend durch.

Eine überaus gelungene Type gestaltete Erika Kaebe aus der Rolle der langffingerigen Nachbarin Alma Fritsche, deren geiferndes Mundwerk auch durch Enno Buß, der den Hausmeister Babbel mimte: nicht gestopft werden konnte. Dieser Urkomiker, der allein schon durch seine Körperlichkeit und seine gekonnte Mimik in jeder Rolle überzeugt, fand auch diesmal den charakteristischen hinreißenden Lustspielton. Last not least war Heino Aden als etwas troddeliger Nachbar Schlüter sehr bühnenwirksam eingesetzt und bewies ein hervorstechendes darstellerisches Talent.

So wurde die vierte Inszenierung dieser Spielzeit wiederum ein voller Erfolg der Niederdeutschen Bühne, die mit Recht auf ihre langjährige Tradition als Hüterin des wertvollen Kulturgutes der nIederdeutschen Sprache stolz sein kann. Der starke Beifall war ehrlich verdient.

Alma Fritsche (Erika Kaebe) kann mal wieder ihr Muulwark nicht halten. Die Engel-Schwestern (Annemarie Beermann und Hildegard Steffens) hören peinlich berührt zu  - eine Szene aus "...un baven wahnen Engel" - Spielzeit 1966/67 -