Oldenburgische Erstaufführung

DAT VEILCHEN VON ST. PAULI

Lustspiel in drei Akten von Franz W. Schilling
Musik von Karl-Heinz Herpel

Inszenierung: Kurt Büscher a. G.
Bühnenbild: Enno Buß, Alfred Christoffers
Musik: Karl-Heinz Herpel
Tänze: Christa Weise

Inspizientin: Berta Herpel
Souffleuse: Herta Tapken
Requisiten: Anke Preuß

Rollen und Darsteller
Martha Pingel, Blumenverkäuferin - Rika Jung
Jenny, ihre Tochter - Roswitha Bertz
August Schwertfeger, Werftarbeiter - Enno Buß
Wilhelmine, seine Frau - Hanna Christoffers
Anton Drögemüller, Werftarbeiter - Friedrich Müller
Minna, seine Frau - Käthe Baumann
Natalie Wirsing, Inhaberin einer Leihbücherei - Helene Schneider
Oskar Lehmkuhl, Werftarbeiter - Wilfried Pampuch
Ferdinand Callsen, Farmer - Günter Boye
Jim Callsen, sein Sohn - Arnold Preuß
Lilian Fengefisch, Animierdame - Brigitte Halbekath
Klaus Kuffek, Gelegenheitsarbeiter - Horst Jönck
Fred Wegener, Polizist - Wilhelm Pick

Martha Pingel, die Veilchenverkäuferin am Hafen - v.l.Käte Baumann, Rika Jung, Hanna Christoffers, Arnold Preuß und Helene Schneider

WILHELMSHAVENER ZEITUNG

"Dat Veilchen von St. Pauli" erwies sich als ein herrliches Sträußchen

Eine echte Ensembleleistung der Niederdeutschen Bühne Rüstringen

von Barbara Schwarz

"Dat Veilchen von St. Pauli" ist ein echter Ohrwurm. Im vollbesetzten Stadttheater, bei der Premiere am 2. Weihnachtsfeiertag, klatschten und sangen nicht wenige Zuschauer die von Karl-Heinz Herpel für diese Inszenierung komponierten, eingängigen Melodien mit, die er selber an der Orgel begleitete. Sie klangen manchem auf dem Nachhauseweg und noch am nächsten Tag im Ohr. Der ganze Spaß dauert auf zwei Stunden

Mit dem musikalischen Lustspiel "Dat Veilchen von St. Pauli" von Franz W. Schilling hat die Niederdeutsche Bühne Rüstringen ihren Freunden ein richtiges Weihnachtsgeschenk bereitet. Abgesehen von den musikalischen Nummern zu denen Christa Weise-Heinrich noch teilweise Tänze einstudierte, ist "Dat Veilchen von St. Pauli" ein richtiges Volksstück mit Herz und Schmerz, sich verlieren und wiederfinden. Das Happy End stimmt ein wenig wehmütig, weil nun die alte Blumenverkäuferin Martha Pingel, die mit ihren Veilchensträußchen auf St. Pauli von einer Kneipe ins nächste Nachtlokal zieht, allein zurückbleibt: Ihre Tochter Jenny heiratet den Sohn ihrer alten Jugendliebe und zieht mit Jim nach Texas.

Martha Pingel (Rika Jung) und Jim Callsen (Arnold Preuß)

Schillings Lustspiel, das mit Musik auch schon von niederdeutschen Bühnen in Kiel und Cuxhaven angereichert wurde, spiegelt das St. Pauli wider, das viele Nachtschwärmer oft übersehen: Ein St. Pauli der kleinen Leute, die eine feste Gemeinschaft bilden, die einander mit allen Schwächen und Vorzügen kennen Werftarbeiter, Seviererinnenauch Animiermädchen und kleine Ganoven, die sich durchzuschlagen versuchen, Polizisten und Leihbüchereibesitzerinnen.

Die Männer heben gern dann und wann einen und dreschen auch gern mal einen Skat. Die Frauen halten die Familie zusammen, putzen und kochen, aber machen auch bei Cafe Keese einen drauf, wenn sie's den Männern zeigen wollen.

Mit stimmungsvollem Bühnenbild
Das Bühnenbild, das Enno Buß und Alfred Christoffers für diese Inszenierung entwarfen, spiegelt die Hafenund Kleine Leute Atmosphäre sehr stimmungsvoll wider. Kurt Büscher, Schauspieler und Regisseur der Landesbühne, hat "Dat Veilchen von St. Pauli" für die Niederdeutsche Bühne Rüstringen mit viel Pfiff inszeniert, so daß das Ganze rundherum ein Vergnügen ist. Viele Zuschauer meinten nach dem begeisterten, lang anhaltenden Schlußapplaus: Das ist das Beste, was die Niederdeutsche Bühne seit langem auf jeden Fall in dieser Spielzeit gebracht hat.

Der Erfolg ist natürlich auch Verdienst aller Mitspieler. Sie haben wirklich eine überzeugende Ensembleleistung geboten: Rika Jung als alte Blumenverkäuferin Martha fand so anrührende Töne, indentifizierte sich so sehr mit dieser Rolle, daß man als Zuschauer richtig ergriffen war.

Den Daumen hoch - allens klar (v.l. Horst Jönck, Günter Boye, Wilfried Pampuch, Arnold Preuß, Friedrich Müller, Enno Buß und Wilhelm Pick)

Ganz köstlich war das Doppeltrio der Werftarbeiter und ihrer Frauen bzw. Zukünftigen. Helene Schneider, die als Natalie Wirsing so sehr nach einem Mann schmachtet, so gern mit Oskar in die Harburger Berge gefahren wäre, entpuppte sich dabei als umwerfend komisches Talent. Hanna Christoffers als Wilhelmine und Käthe Baumann als Minna sind zwei erfahrene Ehefrauen, denen keiner so leicht etwas vormachen kann. Vor allem nicht ihre beiden Schlingel von Männern die von Enno Buß und Friedrich Müller sehr überzeugend gespielt werden. Den dritten im Männer Bund und in der Skatrunde, den Oskar Lehmkuhl, stellt Wilfried Pampuch ebenso lebensecht auf die Bretter.

Brigitte Halbekath spielt mit sehr viel Mut die "sündige" Lebedame Lilian. Roswitha Bertz ist ihre Kollegin in der Bar, hat aber wenig mit ihr gemeinsam. Sie stattet die Jenny, Tochter der alten Blumenfrau, mit sehr viel Herz aus. Kein Wunder, wenn sich Jim in das hübsche Mädchen auch sofort verliebt. Arnold Preuß ist dieser schüchterne, sympathische Junge aus dem fernen Texas. Klaus Kuffek dagegen, auf den sich Jenny erst Hoffnungen macht, erweist sich doch als nicht besserungsfähig. Horst Jönck versteht es vortrefflich, sich in diese windige Type einzufühlen. Ganz großartig übrigens seine Tango Szene mit Brigitte Halbekath.

In kleineren Rollen dabei sind auch Wilhelm Pick als rechtschaffener, biederer Polizist von der Davidswache und Günther Boye als erfolgreicher Farmer. Der ganze Spaß dauert (ohne Pause) gut 2 Stunden, und die sollten sich in den nächsten Wochen wirklich einmal viele Wilhelmshavener nehmen, denn "Dat Veilchen von St. Pauli" ist ein hübsches Sträußchen und musikalisch wirklich ein Ohrwurm. Mit dem "Ohnsorg" Theater, das meinten nach der Premiere viele, kann sich die Niederdeutsche Bühne Rüstringen mit dieser Inszenierung durchaus wieder messen.

Jim (Arnold Preuß) und Jenny (Roswitha Bertz) haben sich ineinander verliebt, skeptisch blicken die Nachbarinnen auf die beiden (Hanna Christoffers und Käte Baumann)