3. Wiederaufführung (4), davor vor 1939 ,1949/50 und 1958/59 gespielt
KRAMER KRAY
Komödie in fünf Akten von Hermann Boßdorf
Inszenierung: Karl-Heinz Herpel
Bühnenbild: August Ahlers a.G.
Bühnenbildbau: Enno Buß, Alfred Christoffers
Inspizient: Berta Herpel
Souffleuse: Karin Heyel
Requisiten: Marga Goldenstein
Rollen und Darsteller
Karsten Kray - Enno Buß
Mile Haak, Haushälterin - Hildegard Steffens
Asmus Broihan, Kaffemakler, sein Freund - Horst Jönck
Hein Kohrs, Hausknecht - Klaus Aden
Piepersch, Scheuerfrau - Helene Schneider
Deele Rüsch - Käte Baumann
Laura Facklamm, Wwe. - Herta Tapken
Gendarm - Günter Jaedecke
Krey (Enno Buß) setzt Broihan (Horst Jönck) an die frische Luft.
WILHELMSHAVENER ZEITUNG
Riesenbeifall für "Kramer Kray"
Erfolgreiche Neuinszenierung durch die Niederdeutsche Bühne
von Theodor Murken
Die vor etwa 60 Jahren geschriebene plattdeutsche Komödie "Kramer Kray" des Hamburger Dichters Hermann Boßdorf erlebte durch die Niederdeutsche Bühne Wilhelmshaven eine glanzvolle Auferstehung. Die Premiere am Sonntag wurde zu einem durchschlagenden Erfolg. Der donnernde Beifall galt dem Stück und der Aufführung unter der Regie von Karl Heinz Herpel, der der von Hermann Boßdorf gewollten Situationskomik mit der Abgewogenheit von Mimik und Sprache voll gerecht wurde.
Wie die Komödie entstanden ist, wissen wir von dem Freund und Biographen Boßdorfs, Albrecht Janssen, der dem schon mit 43 Jahren verstorbenen Dichter 1927 zu dessen 50. Geburtstag eine Biographie widmete. Boßdorf mußte im 1. Weltkrieg aus dem Postdienst ausscheiden, als er im Dienst zusammengebrochen war. Blutentmischung mit multipler Sklerose warf ihn aufs Krankenlager. Oft verließen ihn seine Kräfte. Schmerzen plagten ihn. Plötzlich aber wich der Schmerzenszug um den Mund dem aufkommenden Lachen. "Der Geist hatte wieder einmal über den elenden Körper gesiegt," so schreibt sein Freund, und Boßdorf ließ sich an seinen Schreibtisch bringen und schrieb am "Kramer Kray", den er im Dezember 1919 vollendete.
Die Idee dazu war ihm kurz nach der Uraufführung seines Schicksalsdramas "Bahnmester Dod" im Winter 1919 gekommen. Dr. Richard Ohnsorg, der Leiter der Niederdeutschen Bühne Hamburg, erfuhr davon und drängte den Dichter, ihm ein "Kassenstück" zu liefern. Als er das Stück fertig hatte, schrieb er seinem Dichterkollegen Karl Wagenfeld, daß er es "trotz allen Elends" zustande gebracht habe; das könnten alle die nicht ahnen, wenn sie sich "über das Ding ausschütten wollen".
Für Boßdorf war das Stück ein Opfer, das er darbrachte. Viel lieber hätte er an seinen Dramen weiter gearbeitet, die unvollendet geblieben sind. Inzwischen ist aber der "Kramer Kray" in die Reihe der Komödien eingerückt, die Unsterblichkeit erlangt haben, wie z. B. der "Zerbrochene Krug" von Kleist, den Boßdorf hochverehrte.
Mile Haak (Hildegard Steffens) ist ohnmächtig geworden. Broihan (Horst Jönck) ist schuld und Krey (Enno Buß) ist wütend - aber schon kuriert?
Nach der Uraufführung im Januar 1920 würdigte Hermann Claudius die hervorragende Charakterzeichnung der handelnden Personen. Und auch jetzt bei der Neuinszenierung durch die Niederdeutsche Bühne Rüstringen zeigte sich, daß die Komödie von ihrer Wirkung nichts eingebüßt hat. Köstlich war es, zu sehen, wie der zum "eingefleischten Junggesellen" gewordene Witwer Kaufmann Kray vom Venusberg am Schluß seinem Schicksal nicht entgeht.
Daß das Stück zu Anfang dieses Jahrhunderts spielt, das betonten nicht nur das von August Ahlers (Oldenburg) entworfene, von Enno Buß und Alfred Christoffers gestaltete Bühnenbild; sondern auch die Kostüme und der Stil der Darstellung. Die sehr lebendige und straffe Aufführung bot zwei Stunden ununterbrochener Heiterkeit. Anteil daran hatten besonders der "Titelheld", den Enno Buß mit dem ihm eigenen Gespür für das Komische verkörperte, und Helene Schneider in der Rolle der heute als Putzfrau bezeichneten Schüerfroo Piepersch, die auf ihre drastische Weise zwar bei der Jagd der Frauen auf Kray unterliegt, dafür aber bei den Frauenrollen den Vogel abschoß.
Jene, die das Spiel gewinnt, die Hushollersch Mile Haak, hat Boßdorf aus viel feinerem Holz geschnitzt; der ihr gestellten Aufgabe wurde Hildegard Steffens voll gerecht. An dem allerhand Unruhe stiftenden Junggesellen Asmus Broihan von Horst Jönck hätte auch Richard Ohnsorg, der diese Rolle in Hamburg und bei seinem Gastspiel in Wilhelmshaven spielte, seine Freude gehabt.
Dann waren da noch der Hausknecht Hein Kohrs von Claus Aden und in der Reihe der Frauen Käte Baumann als "Kaffeemietje", Deele Rüsch, ein frechdreistes Mädchen von St. Pauli, und Herta Tapken in der komischen Figur jener Laura, die man dem Kramer Kray am wenigsten als neue Ehehälfte gewünscht hätte. Schließlich wäre noch Günter Jaedeke zu nennen, der als Schutzmann Pickelhaube und Säbel zeitgerecht ins Bild setzte.
Sie kabbeln sich egalweg: Hein Kohrs (Klaus Aden) und Piepersch (Helene Schneider)