1. Wiederaufführung (2), davor 1957/58 gespielt
WENN DU GELD HEST
Lustspiel in drei Akten von Wilfried Wroost
Inszenierung: Karl-Heinz Herpel
Bühnenbild: Hannes Kaebe
Souffleuse: Helene Schneider
Requisiten: Anke Weiß
Inspizientin: Berta Herpel
Rollen und Darsteller
Julius Kappelhoff, Kontorbote - Enno Buß
Rudolf, Taxi - Chauffeur, sein Sohn - Wilfried Pampuch
Lissi, Hausangestellte, seine Tochter - Luise Pampuch
Fredi, Hoteldiener, sein Sohn - Arnold Preuß
Frl. Emilie Kappelhoff, Julius Schwester - Erika Kaebe
Oskar Pommerenke, kaufmännischer Angestellter - Kurt Röthel
Alma Roggenbuck, Wwe. Inh. einer Autovermietung - Hildegard Steffens
Helga, ihre Tochter - Roswitha Bertz
Robert M. Dörmann, Inhaber einer Schiffsbefrachterfirma - Friedrich Müller
"Wenn Du Geld hest" liggt se all vör di op de Knee - sagt Jochen Schlarmann (Enno Buß) und von links "liegen" Arnold Preuß, Erika Kaebe, Kurt Röthel und Luise Pampuch.
WILHELMSHAVENER ZEITUNG
Der "Lottokönig" mit der Drittelmillion
"Wenn Du Geld hest" von der Niederdeuschen Bühne Rüstringen mit Erfolg aufgeführt
von Hildebrandt
Ach ja das liebe Geld! Der bekannte Niederdeutsche Wilfried Wroost weiß genau, was Geld alles vermag. Es macht unglücklich, es beruhigt, es verhilft seinem Besitzer zu hoben Ehren, zu guten Stellungen. So ist seine Komödie "Wenn Du Geld hest" ein getreues Spiegelbild dieser Macht im Leben der Menschen. Die Niederdeutsche Bühne Rüstringen übte es zu ihrem Saisonbeginn ein und landete damit am jüngsten Sonnabend im vollbesetzten Stadttheater ebenso glatt wie glücklich. Das froh gestimmte Publikum klatschte begeistert und freute sich über die guten Leistungen, vor allem der "alten Garde", zu denen Enno Buss und Erika Kaebe gehören.
Die Geschichte von dem Bundeswehr Hauptfeldwebel a. D. Kappelhoff, der als Kontorbote in einer Schiffsbefrachterfirma kujoniert wird, ist schnell skizziert. Ein ehemaliger Rekrut besucht ihn und überläßt ihm zu treuen Händen ein Sparbuch mit einer Drittelmillion, ein Lottogewinn, auf Jahre festgelegt. Der Kontorbote versteckt das Buch nicht gut. Bald wissen seine drei Kinder, seine haushaltführende Schwester, die Nachbarn, die ganze Straße von dem Glück des angeblichen Totokönigs.
Er kündigt bei seinem Chef, der älteste Sohn wird plötzlich von der mit Geldnöten ringenden Schwiegermutter in spe akzeptiert. Der zweite Sohn will nicht mehr als "Grashopper" in seiner grünen Uniform als Hoteldiener arbeiten, und Tochter Lissi geht nicht mehr als Hausmädchen zum Herrn Professor. Nach vielen Irrungen und Wirrungen stehen zwei glückliche Paare auf der Bühne, dazu ein zum Kompagnon aufgestiegener Hauptfeldwebel a. D., und nicht zuletzt das ältliche Fräulein Emilie, das ihrem Verlobten inzwischen zweimal Witwer 3o Jahre lang die Treue hielt. Nun sieht sie ein Foto von ihm; er hat eine Totalglatze. Emilie schluckt ein wenig und verzichtet auf ihr immer wieder erhofftes Lebensglück.
Karl Heinz Herpel, in ungezählten Aufführungen der Niederdeutschen Bühne bekannt geworden, inszenierte die Komödie mit ganz ausgeprägtem Sinn für ihre ironischen Feinheiten und unaufdringlich eingewobenen Lebensweisheiten. Dazu kam ein nettes Bühnenbild von Hannes Kaebe: das Wohnzimmer der Familie Kappelhoff mit Sofa, Nähmaschine und der Kommode, wo das Sparbuch, das die Hauptrolle spielt, gefunden wird.
Enno Buss, als weißhaariger Vater junger Kinder von heute, braucht nur auf die Bühne zu kommen schon sind ihm alle Sympathien gewiß: Sein Bote, der die Macht des Geldes genüßlich auszukosten weiß, würde allein schon genügen, um die Kommödie standfest zu machen. Aber da ist auch noch Erika Kaebe als Emilie mit der "inneren S timme". Wer könnte diese Frauengestalt besser verkörpern! An diesen beiden Spielern "ranken" sich (gewissermaßen) andere empor: Wilfried und Luise Pampuch (Rudolf unt Lissi), Arnold Preuß (Fredi) und auch Roswitha Bertz (Helga). Hildegard Steffens als Witwe Roggenbuck, Kurt Röthel als Oskar Pommerenke und Friedrich Müller als Firmenchef sind ebenfalls jeder in seiner Weise gut. So kam es zu einem Erfolg erster Klasse, für das Stück, die Spieler und damit für die ganze Bühne.
Arnold Preuß (Fredi) hilft seiner Tante (Erika Kaebe) verdächtig freundlich, Pommerenke (Kurt Röthel) und Schwester Lissy (Luise Pampuch) schauen gespannt zu.
NORDWEST-Zeitung
Vergnügte Stunden mit plattdeutschem Theater
Niederdeutsche Bühne eröffnete Spielzeit
Von Wilhelm Böhme
Mit der Komödie "Wenn du Geld hest . . ." von Wilfried Wroost eröffnete im Wilhelmshavener Stadttheater die Niederdeutsche Bühne ihre Spielzeit. Die Freunde der plattdeutschen Mundart erlebten bei der Premiere zwei köstlich-vergnügte Stunden.
Sowohl für die Inszenierung als auch für die prächtige Gesamtleistung des Ensembles gab es bei der Premiere lebhaften Beifall. Karl-Heinz Herpel als Regisseur bewies Einfallsreichtum und verstand es mit leichter Hand, seine Akteure spielstark in Szene zu setzen. Das mit zahlreichen humorvoll gewürzten Gags angereicherte Stück im Bühnenbild von Hannes Kaebe kam jedenfalls beim Publikum voll an.
Mehrfach gab es Beifall auf offener Szene. Urkomische Situationen wurden in diesem Spiel von einem Lottogewinn herausgearbeitet, der plötzlich, aber von einer ungeahnten Seite, in eine Familie hineinschlägt. "Wenn du Geld hest . . .!" kann man dabei nur sagen, und es wurde bei der Premiere auch zwerchfellerschütternd deutlich dargestellt, wie sich die Charaktere des Menschen wandeln und die Verhältnisse ändern können.
In Paraderollen agieren als herrlich urwüchsig gezeichnetes Zweigespann Erika Kaebe und Enno Buss. Sie als resolute unverheiratete Schwester, die bei ihrem verwitweten Bruder den Haushalt führt, er als cholerisch veranlagter Hausherr, der bis zum großen Geldsegen als Kontorbote katzbuckeln muß.
Herzerfrischend und überzeugend spielen Wilfried Pampuch, Luise Pampuch und Arnold Preuß die drei erwachsenen Kindern. Wohlabgestimmt bringen sie in ihren Rollen einen Schuß Schnoddrigkeit und jugendliche Unbekümmertheit im großen Bühnenspaß. NatürIich fehlt dabei auch die Liebe nicht, wobei Roswitha Bertz und Kurt Röthel dann freudig mitmischen.
Von der Kunde des großen Geldsegens angezogen treten in der flott und quicklebendig gespielten Komödie schließlich als doppelzüngige Inhaberin einer Autovermietung und Schwiegermutter in spe Hildegard Steffens sowie als biederer, gebrechlich alter Schiffsbefrachter Friedrich Müller trefflich und gelänzend gezeichnet in Szene.
Vater Kappelhoff (Enno Buß) mit den Häuptern seiner Lieben (Wilfried Pampuch, Luise Pampuch und Arnold Preuß)
JEVERSCHES WOCHENBLATT
"Rüstringer" erzeugten gute Laune
42. Spielzeit begann mit der Wroost Komödie "Wenn Du Geld hest"
(wg) Wilhelmshaven. "Wenn Du Geld hest" biste was. Dieser Einsicht ist die Komödie von Wilfried Wroost gewidmet, die die Niederdeutsche Bühne Rüstringen an den Anfang ihrer 42. Spielzeit gesetzt hat und nach dem Verlauf der Premiere im Stadttheater zu urteilen den zahlreichen Stammbesuchern in Wilhelmshaven und den Spielorten im Jeverland noch viel Vergnügen bereiten wird.
Die Weisheit "Wenn Du Geld hest . . ." ist freilich nicht neu und reicht allein längst nicht für eine abendfüllende Unterhaltung. Auch in der Art und Weise, wie Wroost sie in eine drei Akte lange Bühnengeschichte um den Kontorboten Kappelhoff und seine Familie umgesetzt hat, ist sie bald abgenutzt. Die Spannung wird dann allerdings gegen Ende des 2. Akts durch einige überraschende Wendungen wiedererweckt.
Es war also keine leichte Aufgabe für Regisseur Karl-Heinz Herpel und die neun Akteure, das Publikum zweieinviertel Stunden bei Laune zu halten. Ihnen mußte daran gelegen sein; durch schauspielerische Akzentuierung das Spiel aufzulockern.
Die Ausstrahlungskraft der einzelnen Darstellungen war dabei unterschiedlich. Enno Buss und Erika Kaebe hatten als Geschwisterpaar Julius und Emilie vom Start weg eine starke Resonanz im Zuschauerraum; Enno Buss mit einer lebendigen Schilderung eines einfachen, etwas fahrigen Mannes, unkompliziert und ohne Argwohn, Erika Kaebe mit einer glaubhaften Version eines späten Mädchens mit einer spezifisch weiblichen Knurrigkeit.
Bei der Darstellung der drei Kinder des Julian überraschte das unbekümmerte Spiel des neuen Mannes Arnold Preuß, der an der Seite von den gewohnt zuverlässigen Wilfried und Luise Pampuch keineswegs wie ein Neuling spielte. Eine amüsante, bei aller Deutlichkeit nicht überzogene Skizze gelang Hildegard Steffens in der Rolle der Autovermieterin Roggenbuck eine der herausragenden Leistungen dieser Aufführung.
Daneben spielte in der von Hannes Kaebe gestalteten Stube Kurt Röthel einen farblosen kaufmännischen Angestellten, dessen besonderes Merkmal schien, keines zu haben. Roswitha Bertz eine biedere Tochter Helga u. Friedrich Müller in einem Kurzauftritt den Firmeninhaber Dörmann. In dem starken Beifall, der am Ende in dem gut besetzten Theatersaal zu hören war, lag ein Kompliment für die "Rüstringer".