Wilhelmshavener Erstaufführung
FISCHERSTRAAT 15
Komödie in vier Akten von Jens Exler
Inszenierung: Günter Boye
Bühnenbild: August Ahlers a.G.
Bühnenbau: Enno Buß, Alfred Christoffers, Karl-Heinz Goldenstein
Beleuchtung: Erwin Telgmann, Peter Pfaus
Inspizientin: Herta Tapken
Souffleuse: Margot Andrews
Requisiten: Marga Goldenstein
Rollen und Darsteller
Alma Kleebusch - Hildegard Steffens
Adolf Breuer - Horst Jönck
Lisa Fritzel - Karin Heyel
Herbert Fritzel - Wilhelm Pick
Bernd Stockmann - Jürgen Tapken
Karin Lammers - Wilma Welte
Birte Sievers - Käthe Baumann
Conrad Sievers - Heino Aden
Adolf Breuer (Horst Jönck) und Alma Kleebusch (Hildegard Steffens) leben in der Fischerstraat 15
WILHELMSHAVENER ZEITUNG
Trotz allem: Die Weit ist in der Fischerstraat heil
Ein hübsches Märchen um Spekulanten und Altstadtsanierung
von Barbara Schwarz
Jens Exler, seit gut 30 Jahren Lieferant zugkräftiger niederdeutscher Volksstücke, greift mit seiner vieraktigen Komödie " Fischerstraat 15" ganz aktuelle Themen auf: Grundstücksspekulation, Altstadtsanierung und Hausbesetzer, Bürgerinitiativgründung und Punker. Im Hauptberuf technischer Angestellter einer Baugesellschaft, weiß Exler, wovon er erzählt. Er kennt die Machenschaften mit denen Bewohner in Altstadtvierteln aus ihren Häusern getrieben werden.
Das Haus Fischerstraat 15 will eine große Versicherungsgesellschaft kaufen, abreißen lassen und auf diesem und den angrenzenden Grundstücken ein Verwaltungshochhaus aus Glas und Beton errichten lassen. Der mit dem Kauf beauftragte Makler Sievers heuert sich als "Hiwi" Hausmeister Breuer an, der mit üblen Tricks versucht, die Witwe Kleebusch, die im Haus einen kleinen Kiosk betreibt, zu vergraulen.
Makler Sievers hat aber auch eine Tochter. Und die ist Journalistin und setzt sich für die Erhaltung des alten Quartiers ein. Unterstützung bekommt sie dabei nicht nur von einem Hippie, einer jungen Punk Lady, deren Vater wie der Zufall so spielt Ratsherr und Bauaus , ist, sondern nach einigem Zögern auch von Witwe Kleebusch, den Fritzels aus dem Nachbarhaus und vielen, vielen anderen Altstadtbewohnern.
Ende gut, alles gut: die Fischerstraat 15 bleibt stehen. Der Bürgermeister, Aufsichtsratsvorsitzender der Versicherungsgesellschaft, hat kalte Füße bekommen. Die Versicherung wird die Fischerstraat sanieren und nach der Sanierung darf auch Oma Kleebusch wieder einziehen und weiter ihren Kiosk betreiben.
Alma Kleebusch (Hildegard Steffens) trifft auf den Hippie (Jürgen Tapken)
Schade, daß es im wirklichen Leben nicht so zugehen kann, wie in diesem heiteren und komischen, in diesem anheimelnden niederdeutschen Märchen, in dem die Schwachen und Guten gewinnen, in dem sich Punks und Gammler zu braven höheren Töchtern und edlen Rittern mausern, Pantoffelhelden mutig und alte Leute wieder jung werden, in dem die Bösen verlieren und sich sogar läutern.
Günter Boye hat das sonnige Spiel mit Tempo inszeniert. Er läßt den Spielern Raum, das Menschlich allzu Menschliche der von ihnen dargestellten Figuren zu betonen. Hildegard Steffens zeichnet eine patente Alma Kleebusch; eine Frau, mit dem Herzen auf dem rechten Fleck, die sich von den Vorurteilen ihrer Umgebung freimachen kann. Karin Heyel ist umwerfend komisch, wenn sie ohne Punkt und Komma redet oder richtig schön sauer im braven Schneiderkostüm mit spießigem Hut von der Gründung der Bürgerinitiative kommt.
Wilhelm Pick als ihr Mann Herbert Fritzel liefert wieder mal eine Glanzleistung ab; besonders gut ist er im dritten Akt, wenn er mit der Hartnäckigkeit eines Betrunkenen partout den Abend noch verlängern will. Käte Baumahn spielt wie schon in "Mannslüüd sünd ok blots Minschen" zu Beginn der Spielzeit, wieder eine erdverwachsene Journalistin mit dem Herz auf dem richtigen Fleck. Wilma Welte bringt in die Rolle der schlagfertigen Punkerin Zungengewandtheit und Witz ein. Jürgen Tapken mausert sich vom trotzigen Hippie zum Ritter der Benachteiligten und netten Jungen von nebenan.
Heino Aden spielt einen tatkräftigen pragmatischen Makler. Und Horst Jönck muß wieder einmal der Bösewicht vom Dienst sein, der Hauswart, der seinen Müll in Witwe Kleebuschs Mülleimer ablädt, Gammler, Hippies und Punker zum "Kaputtbewohnen" der Fischerstraat 15 einlädt und nächstens heimlich im Treppenhaus der Fischerstraat 15 das Geländer absägt.
So´n Hippie ist doch was feines, besonders wenn man da so herrlich drüber herziehen kann - v.l. Jürgen Tapken, Käte Baumann, Karin Heyel und Hildegard Steffens
Nach August Ahlers (Oldenburg) Entwurf haben Enno Buß, Alfred Christoffers und KarlHeinz Goldenstem ein wirklich ansehnliches Bühnenbild gebaut Hof der Häuser an der Fischerstraat mit Ausblick auf die Straße durch einen Torbogen. Ein guter Einfall der Regie, auf der Straße Spaziergänger, Mütter mit Kinderwagen und Radler spazieren und fahren zu lassen. Das belebt, das bringt Atmosphäre. Bei der Premiere am Sonntagabend: viel Gelächter, viel Spaß und viel verdienter Beifall für alle Beteiligten.