4. Wiederaufführung (5), davor vor 1939, 1954/55, 1956/57 und 1964/65 gespielt

BESÖÖK UT DE STADT

Lustspiel in vier Akten von Friedrich Lange

Inszenierung: Karl-Heinz Herpel
Bühnenbild: August Ahlers, Klaus Panka, Herbert Ulbrich

Bühnenbildbau: Alfred und Wilfried Christoffers, Karl-Heinz Goldenstein,  Uwe Rozga, Norbert Ungermann
Bühnenmaler: Herbert Ulbrich
Inspizientin: Berta Herpel
Souffleuse: Berta Brinkhoff
Requisiten: Marga Goldenstein
Beleuchtung: Erwin Telgmann, Peter Pfaus

Rollen und Darsteller
Bernd Pflog, een jungen Buur - Horst Karstens
Martha, een jungen Bruut - Christine Fein
Christiane Riemann, Plog sien Süster - Käthe Baumann
Marie, ehr Dochter - Margot Andrews-Jäkel
Martin, is bi Plog in´n Deenst - Horst Jönck
Krischan Rungen, Plog sien Nawer - Karl-Heinz Schröder
Jan, sien Söhn - Manfred Janßen
Gerd Winkel - Friedrich Müller
Anna, sien Bruut, is bi Plog in´n Deenst - Roswitha Bertz
Arthur Plüsch - Ralf-Rüdiger Bayer
Un de Danzkoppel van de Meckelbörgers un Vörpommern

WILHEMSHAVENER ZEITUNG

Besöök ut de Stadt - Ein Fest

Niederdeutsche Bühne machte altes  Lustspiel jung

Von Theodor Murken

Mit dem lustigen Spiel "Besöök ut de Stadt" von Friedrich Lange als dritter Inszenierung in dieser Spielzeit konnte die Niederdeutsche Bühne am Stadttheater Wilhelmshaven von vornherein eines Erfolges sicher sein. Schon vor nun fast 50 Jahren, im Sommer 1937, brachte sie das Stück am Rosenhügel im Rüstringer Stadtpark als Freilichtaufführung heraus.

Seitdem gehörten die Lustspiele und Komödien von Friedrich Lange zum ständigen Repertoire der Bühne. Rektor Heinrich Freese, der erste Speelbaas der Niederdeutschen Bühne, schätzte an Langes Werken die geradezu "maßgeschneiderte" Zeichnung seiner Personen mit allen Vorzügen und Schwächen niederdeutscher Menschen, ebenso feinfühlig wie grob, dickschädelig und querköpfig, aber von echtem Mutterwitz und zuverlässig.

Die Anna (Roswitha Bertz) wickelt sie alle um den Finger (Friedrich Müller, Horst Karstens)

Friedrich Lange, 1891 geboren, stammte aus Berne im Stedingerland, wuchs auf in der bäuerlichen Umgebung der Delmenhorster Geest und wechselte nach dem Besuch der Dorfschule vom Handwerk in den kaufmänischen Beruf über, zog sich aber nach schwerer Krankheit ein Beinleiden zu, das ihn sein Leben lang plagte.

1921 wurde er durch ein Stück, das die Hoykenkamper Dorfbühne aufführte, öffentlich bekannt. Recht bald gehörte Lange mit August Hinrichs und Karl Bunje zum Dreigestirn oldenburgischer Bühnenschaffender. Als er, der allezeit ein stiller und bescheidener Mann geblieben war, 1968 starb, hinterließ er 22 plattdeutsche und fünf hochdeutsche Bühnenstücke, dazu Prosa und Lyrik.

Was Stadt und Land in vielem unterscheidet und schließlich doch untereinander verbindet, das hat Friedrich Lange in "Besöök ut de Stadt" in ein lustiges Spiel gekleidet. Da hat Christine als Bauerntochter in die Stadt übergewechselt, ist eine vornehme Frau geworden, hat ihre Tochter entsprechend erzogen und will mit ihr hoch hinaus. Feine Manieren und viel Bücherwissen sind den Nerven der Tochter nicht bekommen, nun soll sie sich auf dem elterlichen Bauernhof als Feriengast erholen, vom Liegestuhl aus die Landschaft genießen.

... auch den Bauern Krischan Rungen (Karl-Heinz Schröder)

Aber dieser Mary, die eigentlich Marie heißt, ist nicht zum Faulenzen zumute. Das Mädchen stürzt sich in die bäuerliche Arbeit. Die so fein hochdeutsch sprechende Mutter ist darob so entsetzt, daß sie vor Zorn ihre plattdeutsche Sprache wiederfindet und schließlich zu ihrer Heimat zurückfindet. Darum rankt sich ein Spiel um Nachbarschaft und Liebe. Es geht oft recht dramatisch zu, doch am Schluß herrscht Heiterkeit und Eintracht.

Unter der Regie von KarlHeinz Herpel, dem neuen Speelbaas der Bühne, sah man eine trotz einiger Rollenunsicherheiten gut abgerundete Aufführung, die das vollbesetzte Haus durchaus als einen festlichen Ausklang des zweiten Weihnachtstages empfinden durfte. Die Handlung spielte sich auf dem Bauernhof des Jungbauern Bernd Plog ab, der im Begriff ist, seine Braut heimzuführen. Plogs Nachbar ist der Bauer Krischan Rungen, der als Witwer darauf bedacht ist, für seinen Sohn Jan eine Frau zu finden, denn zu einem Bauernhof gehört nun mal eine Frau.

Mecklenburger und Vorpommern tanzten

Der Jungbauer Plog ist, wie man so sagt, ein ruhiger Typ, der auch schwierige Dinge mit Gelassenheit angeht und der von Horst Karstens gut verkörpert wurde. Dagegen ist der Nachbar Krischan Rungen recht temperamentvoll und ein richtiger Dickkopp. In dieser Rolle ist Karl Heinz Schröder besonders zu loben. Seit zwei Jahren im Ensemble der Bühne, stand er in dieser Rolle recht lebensecht als niederdeutscher Bauer auf der Bühne. Man konnte ihm glauben, wie erleichtert er war, als sein Sohn Jan, von Manfred Janßen als zielstrebiger, wenn auch etwas schüchterner Liebhaber dargestellt, endlich die richtige Frau gefunden hatte.

Mithelfer dabei waren aber die beiden Bediensteten bei Plog, Martin und Anna. Sie hatten eigentlich auch in der Darstellung immer die Fäden in der Hand, Roswitha Bertz als Anna mit dem Mundwerk einer Frau, die das Herz auf dem rechten Fleck hat, Horst Jönck, der sich als Martin mit seinen Schlichen in Wort und Gebärde als Charakterkomiker auszeichnete. Bei allem geht es in diesem Stück ja um die beiden Frauen, die zu Besuch aus der Stadt gekommen sind, die Rechtsanwaltswitwe Christine Riemann, Schwester des Jungbauern Plog, und ihre Tochter Marie.

Käthe Baumann verstand es, sich von der hochdeutschen Christine blitzschnell wieder in die plattdeutsche Stine zu verwandeln, wenn ihr mütterlicher Zorn mit ihr durchging, und auch am Schluß konnte man ihr glauben, wie glücklich sie war, nun wieder die alte Stine zu sein. Margot Andrews Jäckel spielte als Marie das Stadtfräulein, das zeigen konnte, was wirklich in ihm steckt, nämlich eine bäuerliche Frau. Bei dieser Marie hatte denn auch der dritte Besucher aus der Stadt, der feine Herr Arthur Plüsch, den Ralf Rüdiger Beyer darstellte, von Anfang an einen schweren Stand.

Marie (Margot Andrews-Jäkel) als Mädchen aus der Stadt hat es nicht leicht - v.l. Horst Jönck, Roswitha Bertz

Friedrich Müller war ein rechter Zimmermann, mit dem seine Verlobte Anna zufrieden sein konnte, und Christine Fein war als künftige Frau des Jungbauern Plog von der nötigen Zurückhaltung, die ihr gut anstand. Alles spielte sich in vier Akten recht flott auf der Bühne ab. Für das von August Ahlers (Oldenburg), Klaus Panka und Herbert Ulbrich entworfene Bühnenbild hatten Panka, Alfred und Wilfried Christoffers, Karl Heinz Goldenstein, Uwe Rozga und Norbert Ungermann gesorgt, für die Ausstattung Marga Goldenstein. Berta Herpel paßte hinter der Bühne auf, daß alles seinen rechten Gang ging.

Die Tanzgruppe der Mecklenburger und Vorpommern bereicherte den festlichen Ausklang des Stückes durch Lied und Tanz. Das erhöhte die Lebendigkeit der Aufführung, die man wohl als einen Glanzpunkt im Rahmen der Darbietungen der Niederdeutschen Bühne bezeichnen darf, zumal sie frei war von jeglichen Plattheiten und übersteigerter Derbheit.