3. Wiederaufführung (4), davor 1932, 1953/54 und 1967/68 gespielt

STRATENMUSIK

Komödie in drei Akten von Paul Schurek

Inszenierung: Georg Immelmann a.G.
Bühnenbild: August Ahlers a.G.
Regieassistent: Jürgen Tapken
Musikeinspielung: Kuno Armbrust, Petra Biller, Georg Rector
vom Turn- und Musikverein Wilhelmshaven e.V.

Bühnenbau: Bernhard Bertram, Walter Borraß, Karl-Heinz Goldenstein, Erwin Hildebrandt, Norbert Ungermann, Klaus Panka
Bühnenmaler: Herbert Ulbrich
Beleuchtung: Peter Pfaus
Inspizientin: Helga Borraß
Souffleuse: Hanna Christoffers
Requisiten: Marga Goldenstein

Rollen und Darsteller
Jan Lünk, erste Trompete - Arnold Preuß
Emil Spittel, zweite Trompete - Günter Boye
Hein Dickback, Baß - Klaus Aden
Greten Witt, Haushälterin - Marion Zomerland
Katrin, Nachbarin - Margot Andrews-Jäkel
Godemann, Gastwirt - Horst Jönck

Sie sind das Trio, dass schon im Foyer für gute Stimmung sorgt (Günter Boye, Arnold Preuß, Klaus Aden)

JEVERSCHES WOCHENBLATT vom 28. März 1988

Das Spiel begann schon im Foyer

"Stratenmusik" beendete die Spielzeit der Niederdeutschen Bühne im Stadttheater

(js) Wilhelmshaven. Mit der Komödie "Stratenmusik", die am Donnerstag Premiere hatte, beendet die Niederdeutsche Bühne am Stadttheater ihre erfolgreiche Spielzeit 1987/88. Bereits im Foyer erhielt das Publikum eine Kostprobe der "Stratenmusik". Die drei Straßenmusikanten des Theaterstücks empfingen ihr Publikum mit Musik. "Stratenmusik" ein Spiel voller Sehnsucht, eine Komödie voller Humor und tiefdenkenden Passagen, aber auch ein Märchen, in dem am Ende natürlich das Gute siegt. Ein Märchen, geschrieben am Anfang der 20er Jahre, als Straßenmusik noch ein Broterwerb war, der einen Musiker ernähren konnte.'In Paul Schureks Komödie ist es ein Trio, das sich mit "Stratenmusik" seinen Lebensunterhalt verdienen muß. Drei Menschen, die von Grund auf verschieden sind.

Da ist Jan Lünk, Trompeter, ein Menschen, der immer das haben möchte, was er gerade nicht besitzt. Voller Sehnen nach einem besseren Leben. Mit sich und seiner Umwelt unzufrieden. Oder der besinnliche Philosoph Emil Spittel, der die zweite Trompete spielt. Ihm geht alles viel zu schnell, der Verkehr auf den Straßen, die Politik, das ganze Leben. Und dem Dritten im Trio, dem Baßspieler Hein Dickback, ist eigentlich alles egal. Hauptsache er hat eine Kornflasche in der Tasche.

Die kleine Gemeinschaft, wird jäh auseinandergerissen, als Hein Dickback eine Schmuckkassette findet. Jan Lünk geriet außer sich, endlich kann seine Sehnsucht nach einem besseren Leben gestillt werden. Hein Dickback träumt von großen Mengen Alkohol, und nur der Philosoph will vom großen Glück nichts wissen.

Die Drei geraten für kurze Zeit von ihrem vorbestimmten Weg ab. Die Gemeinschaft droht zu zerbrechen. Jan Lünk läßt seine einst große Liebe Greten Witt, die den Straßenmusikanten den Haushalt führt, laufen. Sein Sehnen gilt der Nachbarin Katrin. Es kommt soweit, daß Lünk Greten aus dem Hause weist. Erst als er die Nachbarin endlich erobert hat, merkt er, was er an Greten verlor. Ihr Verlust ist schmerzlicher für ihn, als der Verlust der Schmuckkassette. Er muß Greten wiederhaben und bekommt sie auch. Und Greten schubst ihren Jan Lünk und seine beiden Mitspielerwieder "rin in dat lütt Stück Welt, dat die tometen is. Grot or lütt wat deit dat? Wenn wi dat man got makt, denn is dat got."

Mal schauen, wieviel sie eingespielt haben - Klaus Aden, Arnold Preuß und Günter Boye

Mit langanhaltendem Applaus dankte das Publikum den sechs Darstellern für ihre "Stratenmusik". Mit den leisen und lauten Tönen, die vielleicht bei den einen oder anderen etwas nachklangen, denn wer kennt es nicht das Sehnen nach etwas Besserem. Arnold Preuß's Darstellung als Jan Lünk war ebenso hervorragend wie Günter Boye als Emil Spittel. Ihm maß das Publikum besonderen Beifall zu. Aber auch Klaus Aden als Hein Dickback und Marion Zomerland als Greten Witt waren eine gute Besetzung für diese Rollen. Und mit Margot Andrews-Jäkel als Nachbarin Katrin und Horst Jönck als Handelsmann Godeman hatte Georg Immelman Schureks "Stratenmusik" eindrucksvoll inszeniert.

Weitere Aufführungstermine sind der 8., 13., 24. un 29. April ab 20 Uhr im Stadttheater. In Sande spielt das Ensemble am 21. April und in Fedderwardergroden am 2. April jeweils um 20 Uhr.


Greten Witt is as de Mudder för us - sagen die drei - v.l. Klaus Aden, Arnold Preuß, Marion Zomerland, Günter Boye

WILHELMSHAVENER ZEITUNG

Bravo Rufe für Günter Boye

Ein heiter melancholisches Märchen: Stratenmusik

Von Barbara Schwarz

Ein paar Groschen extra einstecken sollten sich die Freunde der Niederdeutschen Bühne, wenn sie jetzt zum Ende der Spielzeit Paul Schureks Komödie "Stratenmusik" besuchen; denn schon vor der Vorstellung spielen im Foyer des Stadttheaters die Straßenmusikanten auf: Jan Lünk (Arnold Preuß), der erste Trompeter, Emil Spiddel (Günter Boye), der zweite Trompeter, und Hein Dickback (Klaus Aden) mit dem Baß. "Ich hab' das Fräulein Helen baden sehn, das war schön..." und viele andere Melodien aus den goldenen Zwanzigern, in denen Paul Schurek seine märchenhafte Komödie um drei Straßenmusikanten und ihre kluge Hushollersch Greten Witt schrieb. Ein heiter besinnliches Spiel, einkleines Welttheater, ein wenig verwandt mit Molnars "Liliom" und Barlachs "Armem Vetter".

Georg Immelmann, Intendant der Landesbühne, erstmals als Regisseur bei der Niederdeutschen, blättert Schureks Bilderbogen mit sehr viel Sinn für liebevolle Details sorgsam auf, so daß die heitere Melancholie des Spiels voll erklingt. Eine Zeit wird lebendig, in der die Menschen in diesem Land die Erschütterungen des ersten großen Weltkrieges verdauen und mit Wenigem auskommen mußten. Den einen zerreißt es fast, der andere fügt sich in sein Schicksal und der dritte versucht Vergessen im Suff.

Den es zerreißt, den jungen Trompeter Jan Lünk, spielt Arnold Preuß. Er trifft genau den Nerv dieses Suchers, der sich nach Großem sehnt und mit dem kleinen Glück nicht bescheiden mag. Wie einfach scheint dagegen Hein Dickback angelegt zu sein. Für ihn besteht das Glück der Welt offensichtlich darin, sich vollaufen zu lassen. Klaus Aden läßt in seiner Darstellung neben aller Naivität auch etwas von der fast kindlichen Verzweiflung dieses Straßenmusikanten spüren. Emil Spiddel scheint der Weise zu sein, der große Philosoph, der mit dem Leben fertig wird, ihm die heitere Seite abzugewinnen versteht. Günter Boye zeigt h seiner hervorragenden Darstellung dieses alten Straßenmusikanten, daß Emil Spiddel sich dem Leben vor lauter Ängstlichkeit erst gar nicht stellt und sich mit seiner Philosophie ein Lebensgebäude zurechtgezimmert hat, in dem er existieren kann. Eine hinreißende schauspielerische Leistung, der mit Recht die Bravo Rufe des Premierenpublikums galten.

Greten (Marion Zomerland) und Katrin (Margot Andrews-Jäkel) Freundinnen werden sie nie

Marion Zomerland ist den Straßenmusikanten, ihren drei großen Kindern, eine liebevolle Hushollersch. Sie führt sie mal am sanften, mal an staffem Zügel. Margot Andrews Jäkel als Nachbarin Katrin verdreht Jan Lünk vorübergehend den Kopf und Horst Jönck wieselt als auf seinen Vorteil bedachter Hannelsmann Godemann durchs Spiel, für das August Ahlers wieder das Bühnenbild eine Wohnküche mit Möbeln aus den Zwanzigern und altem Küchenherd entwarf. Unter Immelmanns Regie hat die Niederdeutsche Bührie Schureks Klassiker in einer dichten, sehenswerten Inszenierung herausgebracht. Ein feinsinniges Märchen für groß und klein. Musikalisch unterstützt wurden die Niederdeutschen übrigens von Musikern des Turn- und Musikvereins Wilhelmshaven.