WILHELMSHAVENER ZEITUNG vom 9. September 2024
Drei Schwestern kämpfen erbittert
um das Erbe des Vaters
KULTUR - Gelungene Premiere von „Achtertüksche Süstern“ im Theater am Meer – Schauspielerinnen überzeugen
WILHELMSHAVEN. (WAN) Zum Auftakt der neuen Spielzeit begeisterte das Wilhelmshavener „Theater am Meer“ zwar mit einer Tragikomödie, die allerdings weniger mit Schenkelklopfern als mit einem Zickenkrieg voller psychologischer Nickligkeiten überzeugte. „Achtertücksche Süstern“ von Peter Buchholz (Niederdeutsch von Kerstin Stölting) stellt genau drei Schwestern auf die Bühne, die sich alles andere als schwesterlich zugetan sind. Dass sie sich überhaupt in Vaters minimalistisch eingerichtetem Haus treffen, hat damit zu tun, dass er sich mit seinem Porsche totgefahren hat und nun die Testamentseröffnung ansteht. Zuerst ist da Judith (Ute Menssen), hypochondrische Ärztin, die geldgierig und zugleich klamm ist.
Jede teilt gegen Jede aus
Nun hofft sie als Entschädigung für entgangene Zuwendung von dem alten Despoten wenigstens auf ein Erbteil. Ähnlich sieht es Eva (Stefanie Mahn), die lautstarke Rechtsanwältin mit dem lockeren Lebenslauf, die der Vater schon in jungen Jahren – nicht ganz grundlos− als Flittchen bezeichnet hatte. Während diese beiden sich schon nicht besonders abkönnen, nehmen sie die Jüngste so wenig für voll, dass sie Christin (Lena Schmidt) wie in Kindertagen immer noch „Flöckchen“ nennen. Beim nun anstehenden Kampf ums Erbe aber teilt jede gegen jede aus. Sie horchen einander aus, dann wieder entstehen verlogene Allianzen, die nicht halten, und es wird sogar handgreiflich. Allerdings ist es gerade Christin, die bis zuletzt Kontakt zum Vater hatte, die Judith und Eva staunen lässt: War der Alte so ganz anders? Ein Kunstsammler und Lebemann mit junger Freundin? Immerhin hängt als Blickfang das große abstrakte Gemälde „Metamorphose der Sonne“ vom gefeierten Maler Laplace im Wohnzimmer – vielleicht eine wertvolle Hinterlassenschaft?
Regelrechter Wettkampf
Immer mehr alte Rechnungen werden aufgemacht und zwischendurch wendet sich mal die eine, mal die andere direkt ans Publikum, um es süffisant über angeblich wahre Sachverhalte aufzuklären. Und dann entdecken die Drei einen Safe hinter dem Gemälde, doch als sie ihn endlich aufbekommen, enthält er nur einen belanglosen Ordner.
Es entspinnt sich ein regelrechter Wettkampf, wer wohl die Verschlagenste von ihnen ist. Wobei Christin immer wieder überrascht, schließlich hat sie sogar dem eigenen Vater die Freundin ausgespannt und weiß mehr als die anderen über den Wert des Laplace-Gemäldes. Und dennoch bleibt bis zuletzt offen, ob es ein Happy End geben kann und wenn ja – für wen? Den drei Schauspielerinnen hat Regisseur Arnold Preuß auf jeden Fall so viel Spielfreude und pralle Bühnenpräsenz einstudiert, dass es eine wahre Freude ist, diesen Erbschafts-Rosenkrieg zu verfolgen.